Woran erkenne ich, dass mein Kind in der Pubertät ist?
Was ist normal, was nicht?
Tatsächlich hat sich die Geschlechtsreife bei Heranwachsenden in den letzten Jahren nach vorne verschoben. Bei vielen Mädchen setzt sie schon zwischen dem neunten und elften Lebensjahr ein, bei Jungen beginnt sie durchschnittlich zwei Jahre später.
Die Gründe für diese Beschleunigung sind nicht genau bekannt, sodass man auf Vermutungen angewiesen ist: Sie hat sicherlich mit einer gesünderen Lebensweise und einer besseren Ernährung genauso zu tun wie mit einer lebenszeitlich früheren Einbeziehung der Kinder in gesellschaftliche Prozesse. Heutige Kids wissen mehr, sind in intellektueller Hinsicht weiter als die vorangegangenen Generationen von Heranwachsenden. Sie erfahren Dinge, nicht zuletzt über die Medien, die sie verunsichern oder sogar verängstigen. Das betrifft gleichermaßen die Sexualität. Fernsehsendungen, Zeitschriften, Kinofilme, Computerspiele oder das Internet sind voll von Sexszenen, die manchen Jungen und manches Mädchen kognitiv wie gefühlsmäßig heraus- und überfordern. Sie werden mit Inhalten konfrontiert, die sie nicht oder nur schwer verarbeiten können.
Die Zeit vor der Pubertät
Schon vor der Pubertät ist Ihr Kind hin und her gerissen zwischen dem, was es schon weiß und erlebt, und dem, was es intellektuell und gefühlsmäßig auszuhalten vermag. Es ist diese Kluft, die bei Sechs- bis Zehnjährigen für innerpsychische, aber auch für körperliche Spannungszustände sorgt, die zur Entspannung gebracht werden müssen. Ist Ihr Kind in diesem Alter, weiß es häufig noch nicht, was moralisch, emotional, sexuell richtig ist – und was falsch ist.
Oft fehlen ihm einfach Strukturen, die Ordnung in das Chaos bringen, Leitlinien, an denen es sich orientieren kann. Das gilt insbesondere für seine beschleunigte sexuelle Entwicklung. Hier sind mehr denn je Sie gefordert, Ihr Kind in dieser Phase zu begleiten. Das hört sich einfacher an, als es ist, weil Ihr Kind sich in dieser Zeit nicht selten in seine eigene Welt zurückzieht, sich abkapselt. An manchen Tagen will es überhaupt nichts von Ihnen wissen, um Sie – zu anderen Zeiten – nicht mehr loszulassen.
Es ist dieses für Eltern oft widersprüchliche Verhalten von „Lasst mich los, aber haltet mich!“, das die Sexualerziehung in diesem Entwicklungsabschnitt so wichtig, aber zugleich so schwierig werden lässt. Dieses Verhalten setzt sich dann in der Pubertät fort.