Pubertät: Wie Jugendliche uns spiegeln – und was Eltern daraus lernen können

Jugendliche in der Pubertät sind sehr sensibel, was die Verfassung des gegenübers angeht. Dies äußert sich darin, dass Kinder in der Pubertät ihr Gegenüber oft spiegeln. Lesen Sie mehr darüber, wie Teenager uns spiegeln und wie Sie daraus lernen können. 

Inhaltsverzeichnis

Psyche in der Pubertät

Teenager sind wegen ihrer erhöhten Sensibilität und ihres wachsenden Reflexionsvermögens wahre Seismografen. Soll heißen: Sie haben feine Antennen. Sie erspüren sehr genau unsere Stimmungen und durchschauen viele unserer Verhaltensweisen. Und natürlich konfrontieren sie uns damit: bewusst oder unbewusst. Das ist für Eltern nicht immer leicht und schmeichelhaft, kann aber sehr erkenntnisreich sein.

Jeder Mensch ist von Natur aus mit bestimmten Nerven ausgestattet, die es ihm ermöglichen, die Stimmungen und Gefühle anderer Menschen zu erspüren. Man nennt diese Nerven Spiegelneuronen. Sie sitzen im Gehirn und wurden erstmals im Jahr 1996 bei einem Experiment mit einem Schimpansen nachgewiesen: Eine italienische Forschergruppe um Giacomo Rizzolatti stellte fest, dass bestimmte Nervenzellen nicht nur dann aktiviert werden, wenn der Schimpanse selbst nach einer Nuss griff, sondern auch dann, wenn er sah, wie ein anderer Schimpanse eine Nuss nahm. Das erklärt, warum wir mitfühlen können, wenn jemand traurig ist, und warum Lachen und Gähnen unter Umständen „ansteckend“ sind.

Spiegelneurone in der Pubertät: Die Grundlage menschlichen Miteinanders

Babys und Kleinkinder müssen durch den intensiven Kontakt mit der Mutter oder einer anderen Bezugsperson lernen, Gefühle zu „entziffern“. Schon früh lächeln sie, wenn die Mutter sie anlächelt, oder reagieren verängstigt, wenn sie böse schaut. Forscher gehen davon aus, dass die Spiegelneuronen erst im Alter von etwa drei oder vier Jahren ausgereift sind. An den Reaktionen eines kleinen Kindes können wir also bereits erkennen, wie es uns wahrnimmt: In seinem Gehirn entsteht eine Art Spiegelbild dessen, was es erlebt. Und es spiegelt gleichermaßen unsere eigenen Gefühle und unser Verhalten. So kann man beobachten, dass Säuglinge mit unsicheren Müttern schnell unruhig werden und kleine Kinder schnell krank werden, wenn Mama sehr gestresst ist. All diese Prozesse laufen unbewusst ab und bestimmen viele menschliche Interaktionen. Ohne die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen zu können, wäre ein menschliches Miteinander kaum möglich.

Warum uns Jugendliche mit unseren eigenen Gefühlen und Stimmungen konfrontieren

Teenager spiegeln uns sowie unser Verhalten ganz besonders oft und vor allem besonders deutlich. Das liegt unter Anderem daran, dass sie

  • hochsensibel für Einflüsse von außen sind und diese kritisch prüfen („Was signalisiert mir mein Gegenüber?“),
  • sich in einem intensiven Abgleichungsprozess befinden („Wie sind meine Eltern? Und wie bin ich?“),
  • über ein wachsendes (Selbst-)Reflexionsvermögen verfügen und komplexes zwischenmenschliches Geschehen besser erkennen bzw. verstehen,
  • ihre Gefühle und Eindrücke besser verbalisieren können,
  • um Abgrenzung bemüht sind und deshalb die Konfrontation insbesondere mit den Eltern für ihre Entwicklung brauchen.

Jugendliche erspüren also nicht nur sehr genau, wie es uns geht, sondern sie können das Erspürte nun auch besser zum Ausdruck bringen. Und vor allem: Sie scheuen sich nicht mehr, uns damit zu konfrontieren. Und das ist gut so, denn Eltern können so noch eine ganze Menge über sich lernen!

Bewusstes und unbewusstes Spiegeln von Jugendlichen in der Pubertät

Man kann das Verhalten der Jugendlichen, mit dem sie uns spiegeln, grob unterteilen in bewusstes und unbewusstes Spiegeln.

  • Bewusstes Spiegeln beinhaltet die bewusste Konfrontation mit unseren Eigenschaften und Verhaltensweisen. Das heißt: Der Jugendliche ist sich sowohl bewusst darüber, was ihn stört (oder was ihm gefällt), als auch darüber, dass er uns das auf eine bestimmte Weise mitteilt. Damit schafft er eine Abgrenzung: „Ihr seid so, und ich bin/denke anders.“
  • Unbewusstes Spiegeln zeigt sich in weitgehend unbewussten Reaktionen der Jugendlichen auf das Verhalten der Eltern. Das bedeutet, dass der Jugendliche oft ein Verhalten zeigt, dessen Sinnhaftigkeit er selbst nicht versteht. Er erspürt Stimmungen, Haltungen, Erwartungen oder schwelende Konflikte und reagiert darauf. In einer Therapie könnten allerdings viele dieser unbewusst ablaufenden Reaktionen bewusst gemacht und dadurch veränderbar werden.
Mein Tipp: Achten Sie auf positive Spiegelungen Ihres Teenagers!
Achten Sie bitte auch besonders darauf, wie und wann Ihr Teenager Sie positiv spiegelt. Das können Komplimente oder Blicke und Gesten sein bzw. ein liebe- und humorvolles Imitieren Ihrer kleinen „Macken.“ Nehmen Sie es mit Humor und Gelassenheit: Auch Eltern sind nicht perfekt. Kinder merken das noch nicht so, Jugendliche schon!