Sportsucht bei Jugendlichen: Wie man sie erkennt und was Sie dagegen tun können

Der Einstieg in die sogenannte Sportsucht findet fast immer in der Pubertät statt. Wie viele Jugendliche in Deutschland davon betroffen sind, darüber gibt es bisher keine belegten Zahlen. Hier erkläre ich Ihnen, woran Sie eine Sportsucht erkennen und wann Sie eingreifen sollten. 

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Sportsucht erkennen

Als Felix (15) fast jeden Tag ins Fitnessstudio ging und zusätzlich auch noch täglich eine halbe Stunde Sit-ups für seine Bauchmuskulatur machte, fingen seine Eltern an, sich Sorgen zu machen. Und auch bei den Eltern von Laura (16) kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen, weil die Tochter gereizt reagiert, wenn sie auf ihre tägliche Jogging-Runde verzichten soll.

Viele Kinder sind heute zu dick. Da scheint es doch nur positiv, wenn sie regelmäßig Sport treiben. Das ist in jedem Fall richtig, doch ich muss Ihnen sagen: Auch das Gegenteil kann schädlich sein. Experten bezeichnen das zwanghafte Ausüben von Sport als „Anorexia athletica“. Es handelt sich dabei um eine zwanghafte Störung ähnlich der Magersucht (Anorexie). Besonders kritisch wird es, wenn die „Sportsucht“ von einer Essstörung begleitet wird. Eltern sollten hellhörig werden, wenn das Kind nicht mehr aus freiem Willen trainiert, sondern unter der Manie, Sport treiben zu müssen.

Vor allem Jungen fühlen sich von Fitnessstudios angezogen

Und das ist kein Wunder: Schließlich richten viele Betreiber ihre Werbung ganz gezielt an die Jugend. Doch auch Mädchen und junge Frauen sind davon besonders betroffen. Sie definieren sich über ihre sportlichen Leistungen und versuchen Gefühle, wie Ärger oder Traurigkeit dadurch zu kompensieren, dass sie an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gehen.

Welche gesundheitlichen Risiken bestehen durch eine Sportsucht?

  1. Es kommt zur Abnutzung an Sehnen, Bändern, Knochen, Knorpeln und Gelenken, wenn kleine Verletzungen keine Zeit haben auszuheilen.
  2. Mädchen, die zwanghaft trainieren und zusätzlich vielleicht noch wenig essen, stören das Hormongleichgewicht in ihrem Körper. So kann sich das Risiko für Osteoporose erhöhen.
  3. Eine übermäßige sportliche Belastung kann auch das Herz schädigen, insbesondere dann, wenn gleichzeitig die Nahrungszufuhr eingeschränkt wird.
  4. Sportsüchtige neigen zudem häufig zu Depressionen. Ihre sozialen Kontakte und die Schule vernachlässigen Betroffene, um möglichst viel Sport treiben zu können.

Ist mein Kind sportsüchtig? Die wichtigsten Warnzeichen, die Sie kennen sollten

Eines vorab: Wenn Ihr Kind ganze Nachmittage auf dem Bolzplatz, im Schwimmbad oder in der Turnhalle verbringt, ist das kein Grund zur Besorgnis: solange es strahlend und glücklich nach Hause kommt. Ein Alarmzeichen ist hingegen, wenn Ihr Kind dabei unglücklich wirkt, seine Freunde vernachlässigt und sich das ganze Leben nur noch um den Sport dreht. Weitere wichtige Warnzeichen sind:

  • Ihr Kind lässt kein Training ausfallen, auch nicht wenn es krank, müde oder verletzt ist.
  • Sie haben das Gefühl, Ihr Kind hat anscheinend keine Freude an den Trainingsstunden, sondern fühlt sich nur dazu verpflichtet.
  • Wenn Ihr Kind das Training verpasst, zeigt es Schuldgefühle und ist unglücklich.
  • Ein versäumtes Training wird rigoros nachgeholt, indem sich das nächste Mal doppelt so lange „gequält“ wird.
  • Verletzungen und Übertraining werden in Kauf genommen, um dem Drang nach Sport gerecht zu werden.
  • Ihr Kind beschäftigt sich ständig mit seinem Trainingsplan und dem eigenen Körpergewicht.
  • Ihr Kind kann sich nicht entspannt hinsetzen, sondern will sich immer bewegen, weil sonst nicht genug Kalorien verbrannt werden.
  • Ihr Kind hat in letzter Zeit viel Gewicht verloren.
  • Wenn Ihr Kind etwas mehr gegessen hat, treibt es anschließend mehr Sport, um die Kalorien wieder „abzutrainieren“.
  • Ihr Kind versetzt seine Freunde, gibt andere Hobbys auf und lässt auch andere Aufgaben gerne liegen, nur um mehr Zeit für seinen Sport zu haben.

So können Sie Ihrem Kind helfen

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind betroffen ist, sollten Sie es ansprechen und fragen: „Ich mache mir Sorgen um dich. Was ist mit dir los?“ Oft erfahren Sie so schon, was Ihr Kind auf dem Herzen hat, und können die Beweggründe vielleicht besser verstehen. Wichtig ist aber auch, Grenzen zu setzen, damit Ihr Kind dabei nicht die eigene Gesundheit gefährdet. Sprechen Sie darüber am besten mit Ihrem Kinderarzt. Er wird Ihr Kind gegebenenfalls an einen Therapeuten überweisen. Eine hilfreiche Anlaufstelle ist auch das Netzwerk mentalgestaerkt.de der Sporthochschule Köln. Hier finden Eltern erste, grundlegende Informationen und können sich beraten lassen, wie sie ihrem Kind am besten helfen.